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Salsa,Sonne und Staatssicherheit

Salsa, Sonne, Staatssicherheit – und wen kümmern die Bürgerrechte in Kuba?
Autor: Dr. Jochen Staadt
DeutschlandRadio Berlin: Politisches Feuilleton
28.8.2002

Kuba ist in Mode. Über 200.000 deutsche Urlauber zieht es alljährlich auf die schöne Insel. Im Strom der normalen Sonnenanbeter schwimmen linke Erntehelfer, Sextouristen und Sozialisten aller Art mit. Was den einen teuer ist – der Karibikflug nämlich – nehmen andere dank ihrer Stellung nebenbei ganz billig mit. Die Rede ist von der Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Heidemarie Wieczorek-Zeul und ihrer Kubareise. Am 7. Dezember 2000 erklärte die Ministerin vor der Entscheidung des Deutschen Bundestages über die Aufnahmen der Entwicklungszusammenarbeit mit Kuba: ‚Mein Besuch in Kuba im Mai dieses Jahres und die Aufnahme der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit mit dem Land zeigen bereits positive Wirkungen.’

Damit meinte sie nicht etwa die Lage der politischen Gefangenen in Kuba. Sie sprach vielmehr von der Fortbildung kubanischer Umweltfachleute in Deutschland und von den deutschen Nichtregierungsorganisationen, die durch das Engagement der Bundesregierung in ihrer Tätigkeit gestärkt würden. Eine davon ist die Rosa-Luxemburg-Stiftung der PDS. Ihre Fachleute lehren die kubanischen Bauern, wie die landwirtschaftliche Kollektivwirtschaft richtig zu funktionieren hat.

Sie machen munter da weiter, wo die DDR 1989 aufhören mußte. Allerdings stand die SED-Diktatur dem sozialistischen Bruderstaat in der Karibik auch mit Rat und Tat auf einem ganz anderen Gebiet zur Verfügung.
Über fast drei Jahrzehnte haben die Sicherheitsorgane Kubas und der DDR eng zusammengearbeitet. Kubanische Sicherheitskräfte wurden im Rahmen der sogenannten ‚deutsch-kubanischen Waffenbrüderschaft’ in der DDR ausgebildet, Spezialisten des DDR-Staatssicherheitsdienstes schulten in Kuba die Sondereinheiten des dortigen Innenministeriums. Dieser Teil der umfangreichen DDR-Entwicklungshilfe trug maßgeblich zum Ausbau der kubanischen Geheimpolizei bei, deren Offiziere sich als Kursanten des Ministeriums für Staatssicherheit in der DDR Kenntnisse über Methoden zur Bekämpfung von Dissidenten und oppositionellen Gruppen, über die Methoden der psychologischen ‚Zersetzung’ von Andersdenkenden und vieles andere mehr erwarben.

Die Staatssicherheit hielt es sich in ihren internen Rechenschaftsberichten insbesondere zugute, daß die Kubaner das in der DDR existierende Spitzelsystem als vorbildhaft nachzuahmen suchten. Auch auf dem Gebiet des Strafvollzugs unterhielten Kuba und die DDR über mehr als zwanzig Jahre eine vertraglich geregelte Kooperation. Kubanische Dissidenten haben mehrfach internationalen Menschenrechtsorganisationen darüber berichtet, daß in den achtziger Jahren deutsche Berater an den Vernehmungen politischer Häftlinge durch die kubanische Geheimpolizei teilnahmen.

In ihrer Bundestagsrede zur Entwicklungszusammenarbeit mit Kuba kritisierte Frau Wieczorek-Zeul zwar die ‚40jährige Blockadepolitik der USA’ gegenüber Kuba, über die fortdauernden Menschenrechtsverletzungen der Castro-Diktatur hingegen verlor sie kein Wort. Es ist davon auszugehen, daß der jahrzehntelange Repressionstransfer aus der DDR nach Kuba bis heute seine Wirkungen zeitigt. Die mit Hilfe der Stasi perfektionierten Sicherheitsorgane Kubas haben sich nicht reformiert.

Eine tätige Bewältigung der Folgeschäden des SED-Regimes, kann nicht auf das Territorium der Bundesrepublik beschränkt bleiben. Die Frage, welche Verantwortung das wiedervereinigte Deutschland gegenüber jenen kubanischen Dissidenten und politischen Gefangenen trägt, die von einem mit deutscher Hilfe ausgebauten Unterdrückungsapparat verfolgt, bespitzelt und mißhandelt wurden, interessiert die Entwicklungshilfeministerin offenbar nicht. Sie will an Castro zahlen, ohne ihm dafür die Einhaltung der Menschenrechte abzuverlangen. Frau Wieczorek-Zeul gehörte vor 1989 gegenüber der SED-Diktatur zu den Leisetretern in der SPD. Sie hat nicht dazu gelernt. Von ihr ist, was die Bürgerrechte in Kuba betrifft, nichts zu erwarten. Immerhin enthält der vor einem Monat veröffentlichten Bericht des Auswärtigen Amtes über ‚Menschenrechte weltweit’ kritische Worte über Kuba. Dort werden ‚der Bevölkerung weiterhin systematisch Menschen- und Bürgerrechte vorenthalten’, heißt es in dem von Außenminister Fischer herausgegebenen Report.

Es bleibt zu hoffen, daß die Richtlinienkompetenz der deutschen Kuba-Politik auch wirklich im Auswärtigen Amt liegt. Bei Frau Wieczorek Zeul jedenfalls ist sie in den falschen Händen.

Jochen Staadt: 1950 in Bad Kreuznach geboren, lebt seit 1968 in Berlin. Nach dem Studium der Germanistik und Politischen Wissenschaft an der Freien Universität promovierte er mit einer Arbeit über DDR-Literatur. Veröffentlichungen zur Geschichte der deutschen und internationalen Studenten- und Jugendbewegung der 60er Jahre, zur DDR- und SED-Geschichte, zu Spionage in Ost und West sowie zur Beziehungsgeschichte zwischen beiden deutschen Staaten. Staadt ist Projektleiter beim Forschungsverbund SED-Staat an der FU und Autor der 'Frankfurter Allgemeinen Zeitung'. Jüngste Veröffentlichung: ‚Die Zusammenarbeit zwischen dem MfS der DDR und dem kubanischen MININT’.

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